...steht immer der Augenblick. Ihn beschreiben, vielleicht in der einen oder anderen Form erleben und geniessen auf alle Fälle schriftlich festhalten...
Dienstag, 30. Juni 2009
In doppelter Hinsicht des Wortes
Schweiz und die sprachlichen Feinheiten in „doppelter Hinsicht“
A wie endlich hier Anfangen und abdanken
Unter abdanken fand ich eine wunderschöne Um – und Beschreibung jenes Wortes, welche ich auf keinen Fall euch zum Anfang vorenthalten möchte.
„abdanken: auch svw. die kirchliche (evang.) Trauerfeier halten. Und wo getauft, konfirmiert, kopuliert und abgedankt wird, gibt es selbstverständlich auch einen lieben Gott.“
„Akklamation“: bedeutet in der Schweiz soviel wie Beifall, Klatschen und Beifallsbezeugung. Maurice Zermatten wurde z.B. 1970 durch Akklamation zum Präsidenten des Schweizer Schriftstellerverbandes gewählt.
„Akkordant“: wird in der Schweiz ein kleiner Unternehmer bezeichnet, der Aufträge zu Pauschalpreisen je Einheit übernimmt. Besonders im Bauwesen hier sehr verbreitet. In Deutschland sagt man auch Subunternehmer dazu.
„Älplerchilbi“: Ist ein Fest mit Tanz an einem Mittsommersonntag auf der Alp, oder im Herbst nach der Alpabfahrt. Dabei werden gymnastische Spiele, besonders aber das in der Schweiz so beliebte „Schwingen“, eine Art Ringen, zelebriert.
„Amtsverweser“: Diesen Ausdruck finde ich besonders „hübsch“. Hier „verwest“ quasi der Stellvertreter des Regierungsstatthalters in seinem oder während seines Amtes. Jedenfalls ist das im Kanton Bern noch ein gebräuchlicher Begriff.
„Anken“: Die Schweizer lieben ihre „Anken“. Und als besonderes Leckerli gibt es jeden Sonntag entweder ein „Ankenweggen“ mit Honig, oder den „Ankenzopf/ züpfe“. Die Deutschen würden jetzt Butter, oder Butterbröttchen sagen. Wobei der Ankenzopf wiederum ein Hefebutterzopf wäre.
„Anstösser“: Eines meiner Lieblingsworte. Es bedeutet soviel wie Anwohner, Anrainer. Auf bestimmten Verkehrsschildern steht zum Beispiel „Anstösser frei“. Es gibt also hier Fluss-, Rhein,- See,- Strassenanstösser und Anstössergemeinden. Also bitte keinen Anstoss daran nehmen.
„aspirieren“: Wer sich in der Schweiz „aspirieren lässt, wird als Offizier ausgebildet. Die Armee hat in der Schweiz nicht nur eine entsprechende Tradition, sondern auch einen sehr grossen Stellenwert. Wenn man mit einem männlichen Schweizer ins Gespräch kommen möchte, so ist der beste Einstieg in der Regel die Armeezeit dazu geeignet. Sie ist zwar hier verhältnismässig kurz, aber jeder hat etwas dazu beizutragen. Aber Vorsicht. In der Schweiz ist es üblich, dass die meisten ihre „Braut“, also ihr Sturmgewehr mit nach Hause nehmen dürfen. „Nur zum Zwecke der optimalen Landesverteidigung.“
„Aufenthalter“: Ist eine Person, welche sich über einen längeren Zeitraum an einem Ort aufhält. Also darf ich kurz vorstellen….Aufenthalter Rolf B. aus Deutschland, welcher sich in der Schweiz aufhält. Ich finde gerade solche Wortspielereien hier nicht nur interessant, sondern halt aus meiner Sicht auch oftmals sehr lustig und manchmal irreführend.
Zum Schluss vielleicht noch ein kleines „aufliegen“, weil ich dazu einen herrlichen kurzen Zeitungsartikel aus dem Jahre 1964 fand. Darin beweisen selbst die Schweizer eine gewisse Spitzfindigkeit und Humor.
„aufliegen“: ist mundartsprachlich und bedeutet soviel wie auf den Magen liegen oder auf den Magen geschlagen. Vor allem beim Essen, wie folgender kurzer Zeitungsbericht belegt.
„Ein Fondue lag russischen Gästen über Gebühr auf, was nicht an der Qualität des Fondues, sondern an den russischen Mägen lag. Aber schliesslich gibt es soviele russische politische Spezialitäten, die uns sporadisch auf dem Magen liegen, dass ruhig auch einem Russen einmal etwas Helvetisches aufliegen darf.“
Eine Kleinigkeit vielleicht noch im Zusammenhang mit der kleinen Präposition „an“. Es wird hier eigentlich genauso normal wie in den anderen deutsch sprachigen Ballungsgebieten jenseits der Schweizer Grenze verwendet. Ein paar kleine Unterschiede gibt es allerdings. Eines möchte ich gerne noch als Beispielsatz anbringen. Wobei die deutsche Variante dazu eigentlich genauso aberwitzig, wie ungesund mir erscheint. Der Deutsche sagt z.B.:“ Nach dem Baden lagen wir noch etwas in der Sonne“. Der Schweizer hingegen getraut sich nicht soweit in unser Himmelsgestirn hinein und sagt aus diesem Grund:“Nach dem Schwimmen lagen wir an der Sonne.“ Vielleicht noch zwei kleine Verwirrungen für Deutsche die in der Schweiz auf solche Problematiken stossen werden…. An der Sonne trockenen und in der Sonne trockenen hat am Ende dasselbe Resultat. Wichtig ist nur, dass es trocknet. Wo spielt keine Rolle. Ob nun direkt in der Sonne selber, oder wie der Schweizer es lieber an deren Randzone bevorzugt. Es ist egal, beides richtig und wichtig.
Natürlich könnte ich diese Reihe hier noch weiter führen. Aber ich wollte und werde in Zukunft nur Auszugsweise einige besondere „Nahtstellen“ der Schweizer / Deutschen Verständigungssprache und deren Abweichungen hier euch aufzeigen. Wer selber noch schöne und auch besonders für ihn persönlich erscheinende Wortbildungen oder Ausdrücke hat, kann sie mir ruhig senden. Ich bin für jeden Zusatz dankbar. Zumal ich erst bei dem Buchstaben A bin. Ich bedanke mich bei euch für euer Interesse und die Geduld hier beim Lesen. Bis zum nächsten Mal, euer
rolf
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Alles klar! werde mich bemuehen mir alles zu merken. ich hoffe du beeilst dich, damit ich bis ich nach Thun komme auch genuegend instruiert bin, um nicht mit deinen Nachbarn, also den Anstoessern anzustossen, womoeglich noch "unter" ;-) der Sonne. *g*
AntwortenLöschenUebrigens kenne ich den Begriff Amtsverweser, bzw. Verweser auch, finde ihn gar nicht so ungebraeuchlich auch wenn es sich etwas modrig anhoert, aber besser modrig anhoeren als nach Verwesung stinken ;-) In der kath. Kirche gibt es auch den Pfarrverweser, der in der Zeit zwischen einem Pfarrer und der Ernennung eines neuen Pfarrers die Pfarrei betreut.
liebe Gruesse steffi
Oh ja. Das wirst und musst du unbedingt. Kann lustig werden. Zudem ich dann vielleicht zwar nur für eine kurze Zeit, aber immerhin etwas sprachliche Verstärkung und Rückendeckung haben werde. Ist auch mal schön. Aber dieses "Schallplattenkratzen" bei z.B. Chäs-Chüechli oderChuchichäschtli wird mit Sicherheit auch dir ein "liebreiches" Lächeln aufs Gesicht zaubern.;-)
AntwortenLöschenAber bis dahin werden mit Sicherheit noch einige Anmerkungen von mir hier erscheinen. Das lässt sich doch bei mir "Lästermaul" gar nicht vermeiden. ;-)
Danke fürs Reinschauen.
LG rolf
Hallo Rolf!
AntwortenLöschenNun weiß ich wenigstens, wie ich meine Ferien sinnvoll gestalten kann - mit der Schweizer Sprache und ihren Feinheiten!
Was kostet die angefangene Stunde?
LG Anna
@Anna. Hast du etwas Portwein im Haus? ;-) Schaue doch einfach mal nach. Würde eigentlich schon für den Anfang reichen. Zudem löst sich die Zunge etwas besser bei diesem edlem Gesöff und die Aussprache wird auch etwas einfacher. Es klingt dann nicht mehr ganz wie das "Kratzen" einer Saphirnadel über eine Schallplatte. ;-) Ich hoffe die Eidgenossen werden mich wegen dieser "Feststellung" nicht steinigen. Aber wenn ich mir wiederum die verschiedenen "Geschwindigkeiten" eines echten Plattenspielers und die einzelnen Mentalitäten der verschiedenen Kantone betrachte, komme ich zum Schluss, dass ich beruhigt sein kann. ;-)
AntwortenLöschenDanke fürs in Erwägung ziehen eines Schweizerischen "Fernstudiums". ;-) Wünsche dir auf alle Fälle dennoch einen entsprechenden Start in die Ferien. Und lasse einfach alles unangenehme vor der "Tür". ;-)
LG rolf
Schon die einzelnen Dialekte innerhalb Thüringens können Nerven kosten. Ich höre heute noch meinen Schwiegervater, der mich mit :"Mächen, Du kannst ein paar Ranschken lange." in die absolute Verständnislosigkeit stürzte. Schweizer Deutsch ist bestimmt oft genauso verständlich. LG Doris
AntwortenLöschenVielleicht sollte ich die Schweiz nicht immer nur durchfahren oder überfliegen...scheint'n lustiges Völkchen zu sein;)
AntwortenLöschenhach, da haben wir ja wieder was gelernt, man lernt eben doch nie aus ;o)
AntwortenLöscheneinen erholsamen abend und liebe grüsse
bettyblue
Haha, man lernt nie aus... *g*
AntwortenLöschen@Doris. Nerven würde ich nicht unbedingt sagen. Eher "verständnis". Und das im doppelten Sinne des Wortes. Zuerst musst du es verstehen können. Und dann wenn du denkst das du es endlich kannst oder verstehst, solltest du auch noch hinter den Sinn kommen. Vieles ist hier echt anders als man es kennt oder gewohnt ist. Aber ein paar schöne Sachen auch zum Schmunzeln "muss" ich mir ja noch aufheben,. ;-)
AntwortenLöschenLG rolf
@Jörg. Das mit dem Durchfahren ist auch immer wieder so eine Sache. Wenn man hier so schnell fahren dürfte wie z.B. in Deutschland, wärst du in ca. 2 max. 3 Stunden hier durch, ohne es vielleicht ausser den Bergen zu bemerken. Zumal an vielen Stellen sich die Landschaft wie fast überall einem zeigt. Aber wie gesagt die Berge machen es. ;-) Und mit dem Fliegen...das finde ich auch immer sehr lustig. Vorallem wenn die Schweizer Luftwaffe Übungsflüge durchführt. Wenn die auf der einen Seite der Schweiz von der Landebahn abheben und mal fast ihre Steighöhe erreicht haben, müssen die ja schon wieder auf die Bremse gehen und den Sinkflug einleiden. Sonst könnten sie ja mal schnell den Luftraum eines ihrer "Anstösserländer" verletzen. ;-)
Aber die Schweizer haben wirklich mehr Humor, als man ihnen zutrauen würde. Jedenfalls einige und manchmal. Nur ist er für uns und den Rest der Welt leider nicht immer so zugänglich und gleich erkennbar. ;-)
rolf
@Betty. Das freut mich aber, dass ich selbst der "jungen" Generation auf diese Art und Weise noch sowas wie "Wissen" vermitteln durfte und darf. Habe bei einigen schon fast die Hoffnung aufgegeben. ;-) Danke dir. ;-)
LG rolf
@Paramantus. Schön dich auch wieder einmal so lesen und hören zu dürfen. ;-) Was denkst du wie ich hier und was ich hier ausser Gülle Gülle noch alles lernen kann. Vorallem aber sehr viel über die Deutsche Sprache. ;-)
Man glaubt es kaum. Aber manch Schweizer kann auf alle Fälle besser Deutsch wie mancher Deutscher, bzw. ich. Für sie ist es eine Fremdsprache, die sie knallhart erlernen müssen. Wo ich gar nicht mehr nachdenke beim Schreiben, geht hier erst einmal das Diskutieren los. Und siehe da....zu 90% haben die Helvetir sogar Recht. ;-)
Kommst du nun auch Ende Juli zu Jürgen?
rolf
danke euch fürs Reinschauen und Anmerken. Wünsche euch noch ne schöne geteilte Woche.
In diesem Sinne
rolf
Lieber Rolf, ich bin sehr begeistert von der Schweizer Sprache. Sind reizvolle Wörter. Der Verweser gefällt mir besonders gut. Aber ich fürchte, dass, wenn man in die Schweiz kommt, die einheimische Bevölkerung diese Asudrücke völlig anders ausspricht, als sie hier geschrieben stehen, und man erst recht nichts versteht. Das ist immer ein bisschen ein Problem in der Schweiz.
AntwortenLöschenLiebe Grüße von Margot
@MArgot. da hast du natürlich recht. Weniger die Schreibweise hier, als vielmehr die entsprechende Aussprache. Hinzu kommt noch, dass ja schon von Berghügel zu Berghügel oft ein anderer Dialekt gesprochen wird. Das macht aber auf der anderen Seite diese ganze Sache auch wiederum interessant und spannend. ;-) Aber manchmal ist es wirklich "aufwendig" dies alles zu verstehen. Vorallem wen du einen "Bergbewohner" nach irgend einem Weg fragst, er dich erst satte 5 Minuten taxiert und tut als wenn du aus der tiefsten Mongolei kommst, um dann vielleicht seinen Bart umrankten Mund zu öffnen und du dennoch nüscht verstanden hast. ;-) Da hilft oftmals nur Nicken und in die falsche Richtung laufen. ;-)
AntwortenLöschenSchönen Donnerstag noch.
LG rolf
Wieso habe ich das denn noch nicht gelesen? Unbedingt weitermachen! Gefällt mir - sogar als Schweizerin... ;-)
AntwortenLöschenWo bleibt B wie Bauernbratwurst?
@Dodo. :-) Hallole....
AntwortenLöschenEs geht auch weiter mit B. Allerdings nicht gerade mit den Bauernbratwürsten. Glaube auch nicht, dass noch welche von gestern da sein werden nach den ganzen "Grillgelagen" hier in der Schweiz. Höchstens noch ein paar "arme Wienerchen". Aber das hat ja mit dem hier nichts zu tun und gehört doch nach Österreich. Oder nüsch? ;-)
LG rolf